Der Tonle-Sap-See in Kambodscha ist der größte See Südostasiens und eines der fischreichsten Binnengewässer der Erde. Fischfang und Reisanbau sind die wesentlichsten Wirtschaftszweige der ländlichen Bevölkerung Kambodschas und dazu trägt der Tonle Sap wesentlich bei. Der See dient auch als Verkehrsweg. Es existiert sogar eine Schnellbootverbindung zwischen Siem Reap und Phnom Penh. Da die Straßenverhältnisse in Kambodscha sich mit der Zeit immer mehr verbessern, verliert der Tonle Sap stetig mehr an Bedeutung für die Transportrouten über den See. Als ich den See und seinen Zufluss gesehen habe traute ich meinen Augen kaum, eine wüsten farbige Wassermasse die sich bewegte und die Boote trug. Mit Wasser hatte das nicht viel zu tun. Aber durch den starken Verkehr auf dem Fluss ist die Wassermasse sicher total aufgewühlt.
Die Fahrt vom Lotus Feld bis zum Tonle Sap dauerte noch einmal fast 20 Minuten. 20 Minuten in denen ich meine Verletzung noch etwas beruhigen konnte. Am Tonle Sap angekommen, sah ich zuerst ein großes Plateau. So groß wie 3 Fußballfelder. Hier parkte eine Unmenge an Autos und Reisebussen. Mir wurde Himmelangst und bange. Tausende Touristen, dachte ich, aber irgendwie sah es gar nicht danach aus. Wir parkten das Auto, nahmen eine Erfrischung und buchten die Tickets für unsere Bootstour auf dem Tonle Sap. Als wir näher an den See kamen, besser gesagt, es war erst der Zufluss zum See, sahen wir erst die Unmenge der Boote die auf Touristen warteten. Hier hatte man sich total auf den Bootstourismus spezialisiert. Sicher gab es auch viele Fischerboote, aber ich denke die Boote hier haben alle eine Doppelfunktion. Über eine abenteuerliche Treppe und einen wackeligen Steg stiegen wir hinab in unser Boot. Der Kapitän wartete schon. Mit einem Lächeln begrüßte er uns an Bord. Wir suchten einen Platz auf einer Bank, von der gab es genug. Wir hatten das Boot für uns alleine, keine Mitfahrer. So war es rein familiäre Tour.
Wir saßen kaum, schon ging es los. Das Knattern des Motors erzeugte eine Vibration, so dass sich mir die Frage auftat, ob der Ausflug wohl gut endete. Ich kann euch beruhigen, er tat es.
Wir knatterten an den Ufern vorbei. Vorbei an vielen Häusern auf Stelzen, vorbei an vielen Fischern die zu dieser Zeit unter Schatten spendenden Dächern eine Pause eingelegt hatten. Jeder Blick traf auf eine Szene, die man bis jetzt nur im Fernsehen gesehen hat. Meine Vollformartkamera kam so schon fast an ihre Grenzen. Eigentlich wollte ich kein Objektiv wechseln, wegen dem Staub und dem Dreck. Die Motive jedoch ließen mir keine andere Wahl. So wechselte ich fast ständig von Weitwinkel auf das Tele. So war es auch nicht verwunderlich, dass ich von einer zur anderen Bank hinüber huschte um immer eine gute Perspektive des Motivs zu bekommen. Ein Blick nach unten holte mich dann doch schnell wieder in die Realität zurück. Was für eine Brühe floss hier. Lehm farbiges Wasser, war es denn überhaupt noch Wasser, umschloss das Boot. Ein furchtbarer Gedanke, wenn man hier hineinfiele. Ich glaube dann könnte man mich in der Sonne trocknen lassen und als Statue in ein Museum stellen. Ab und an sah ich auch Kinder die in diesem Sud badeten. Auch unser Kapitän bot uns an zu halten, damit wir im Wasser etwas planschen könnten. Wir lehnten dankend ab. Vorbei an Kampong Phlouk und Kampong Khleang lag auf der anderen Seite ein Platz, umsäumt von bunten Mauern. Einige Leute standen im Kreis. Die Gebäude in ihrer Nähe waren alle bunt angestrichen. Der Kapitän sah unsere fragenden Blicke und erklärte uns, das wäre ein Friedhof. Ich hätte an alles gedacht, nur nicht an einen Friedhof. Im Grunde genommen bekommt hier der Abschied einen anderen Touch als auf einem dunkel grotesken deutschen Friedhof.
Uns überholten einige Boote und es kam immer wieder Gegenverkehr. Die goldene Pampe spritze bis über die Kante des Bootes. Doch sie erreichte uns noch nicht. Mit jedem Boot was uns entgegen kam, konnte sich das aber ändern. Hier hielt sich niemand an Geschwindigkeiten und ich könnte jammern, dass ich keine Videos gemacht habe. Dann hätte man ein besseres Gefühl von der Situation bekommen. Ich hoffe das kommt in meinen Fotos auch ein wenig zur Geltung.
So langsam näherten wir uns dem offenen See. Das Wasser wurde sauberer und die Fläche für die Boote weitläufiger. Entgegenkommende Boote hatten nun mehr Abstand zu uns.
Nun hielten wir und unser Kapitän, ein sehr junger Mann aus der Nähe von Siem Reap erzählte uns ein wenig von der Geschichte des Sees. Die Kommunikation erfolgte in englischer Sprache.
In der trockenen Zeit, wie im Moment, weist der Tonle Sap eine Fläche von 3000 km² auf, die er in der Regenzeit bis auf 11 000 km² ausdehnen kann. Seine durchschnittliche Tiefe beträgt 2-3 Meter. Diese steigt bei zunehmenden Wassermassen bis auf 14 Meter an. Nun erklären sich auch die Stelzen an den Häusern. Wer meine Foto – Dokumentation verfolgt hat, der weiß, dass ich in Malaysia auf Pulau Ketam die auch schon gesehen habe. So wechselt der Tonle Sap mehrmals im Jahr seine Fließrichtung.
Die wesentlichsten Wirtschaftszweige des Sees sind der Fischfang und der Seeverkehr. Die Hauptsaison des Fischfangs ist der Monat November. Jährlich holt man hier bis zu 300 000 Tonnen Fisch aus dem See.
Bis zu 1100 Familien haben sich häuslich niedergelassen auf dem See. Es gibt alles was man braucht, ohne den See verlassen zu müssen. Es gibt eine Schule, Kirchen, Tempel, Restaurant und viele Handelsniederlassungen. Hier ist ein Wuseln an Booten und Mensch, man könnte denken man wäre an Land in einer kleinen Stadt. Unglaublich. Man kann das auch gar nicht erklären wie das auf einen wirkt, man muss es wirklich gesehen haben. So lässt man die Blicke in die Ferne schweifen und schweigt. Das Erlebnis auf dem Tonle Sap hat mich nachdenklich gemacht. Wir kommen aus einer Überflussgesellschaft, haben alles was man braucht oder auch nicht und ist letzten Endes immer noch Unzufrieden. Hier die Leute haben Nichts oder nur sehr wenig und sind immer freundlich gestimmt. Sie kommen mit dem zurecht was sie haben und streben keinen Luxus an. Die Familie steht hier immer an erster Stelle. Manchmal wäre es schön in diese Kultur abzutauchen um ein anderes Lebensgefühl zu bekommen. Und dann fragt man sich schon mal, warum tust du das nicht einfach. Auf diese Frage habe ich noch keine Antwort, so ist sie für mich noch nicht geklärt und abgehakt.
Es war Zeit zurück zu fahren. Der Motor sprang wieder an und ließ das Boot vibrieren. Die himmlische Ruhe war erst einmal vorbei. Ich hätte den Moment noch eine ganze Weile genießen können, aber wir hatten einen Plan, der zu erfüllen war. Schließlich kommt man nicht jedes Jahr hier nach Kambodscha. Schade auch, wenn der lange Flug nicht wäre.
Das Bootsrennen ging in die nächste Runde. Wieder schossen kleine lange Boot an uns vorbei, mit einer wahnsinnigen Geschwindigkeit erzeugten sie die hohen Wellen, die dann doch nicht über den Rand des Bootes schwappten. Und wieder hatte die Kamera Höchstleistungen zu verbringen. Bei einer Außentemperatur von 42 Grad fing der Sensor in meiner Canon sicher gleich an zu glühen. Es machte einfach Spaß dem Leben rund um dem See zu zuschauen. Es wuselte, es ruhte. Leute winkten, ich winkte zurück. Man war mittendrin, das war doch so etwas wie Abenteuer, ich denke schon. Schon deswegen wird mir die Tour noch lange Zeit im Gedächtnis bleiben. Ich denke meinen Mitreisenden erging es nicht anders. Man redete kaum. Ich glaube wir waren alle beeindruckt von dem Erlebten.
So kamen wir der Anlegestelle näher, man konnte sie schon sehen. Irgendwie Schade das es zu Ende sein sollte. Wieder empfing uns eine abenteuerliche Treppe zum Ausstieg. Ein paar Kinder waren auch in der Nähe. Diese beschenkten wir wieder mit ein paar Süßigkeiten die wir aus Malaysia mitgebracht hatten. Oben angekommen, ging es an einer lokalen Volksmusikgruppen vorbei, die ihr bestes gaben. Doch irgendwie traf der Klang der Töne nicht meinen Nerv. Ich war von dem Erlebten noch so beeindruckt, dass ich wortlos an der Kapelle vorbei schlich.
Unser Guide wartete am Auto, es war besten vor gekühlt, so dass man sich hier erst sammeln konnte. Auch hier wurde nicht viel gesprochen. So hatte jeder sein Kopfkino zu verarbeiten. Die nächste Station war die zentrale Verkaufsstätte für die Tickets nach Ankor Wat. Da wir erst nach 17 Uhr dort ankamen, hatten die Tickets noch Heute und den ganzen nächsten Tag ihre Gültigkeit. Die Tickets sind personalisiert und wurden mit Lichtbildkopie des Reisepasses ausgefertigt. Der Angkor Pass 2019 kostete 37 US Dollar pro Person.





































