Der Phnom Bakheng liegt auf dem gleichnamigen Hügel nahe der Stadt Siem Reap und ist und ein dem Gott Shiva geweihter Pyramidentempel. Vom Tempeldach hat man einen weiten Blick über Angkor Wat. Der Sonnenuntergang von ganz oben betrachtet ist einer der am meisten genannten Highlights der Reiseveranstalter. Also durften wir uns das Schauspiel nicht entgehen lassen.
Kurz vor 18 Uhr kamen wir am Tempelberg an. Der Driver parkte das Auto, versorgte uns mit frischem Wasser und wir machten einen Abholtermin klar. Nun ging es los.
Ich schnallte mir mein Cullmann Fotorucksack auf. Drinnen war eine Canon EOS 6D und drei Objektive ein Haufen Filter 6 Akkus und noch einige Kleinigkeiten. So kam das Ding auf gut 8 Kilo Gewicht. Nun sollte es bergauf gehen. Die Temperaturen waren bisher nicht gefallen. So standen meine Chancen schlecht mit dem Rucksack eine erträgliche Tour vorzufinden. Wer das eine will, muss das andere mögen. So steht es geschrieben. Also los.
Vorbei ging es an einer Karawane mit Elefanten. Mit denen man sich am Tage sicher den Berg hinauftragen lassen kann. Nun war Feierabend. Und außerdem untersagte es mein innerer Schweinehund, Elefanten für solch einen Unsinn zu missbrauchen. Solange aber die Menschen solche „Dienstleistungen“ in Anspruch nehmen, solange wird es diese auch geben. Der Verstand der Menschen entscheidet über das Schicksal der Elefanten, hört sich komisch an. Ist aber so.
So ging es per Pedes den Berg hinauf. Wir waren noch keine Fünf Minuten unterwegs da kam auch schon der erste Halt. Ein kleiner Junge saß auf dem Boden und schlug mit einem Hammer und einem Eisen Muster aus vorgeschnittenen Lederapplikationen. Er machte das mit solch einer Akribie und Fingerfertigkeit, dass es mir die Sprache verschlug. Kinderarbeit. Das wäre der erste Gedanke, wenn ich ihn gehabt hätte. Nein im Gegenteil. Ich sah eine fertige Kobra aus Leder. Die sah verdammt gut aus. Die wollte ich haben. 30 US Dollar und sie war meine. Man rollte sie schön ein und ich bekam aus Bast noch einen handgeflochtenen Behälter. Ich machte vom kleinen Künstler noch ein Foto. Leider hatte ich auch hier kein Video gemacht. Auf die Frage, ob er denn keine Schule hätte, antwortete der Junge auf Englisch, nein, die Schule ist heute ausgefallen. Kleiner Lügner. Was soll´s, die Familien müssen leben und Arbeit gibt es nicht für alle, so bleibt den meisten nur Effekte aus der Tourismusbranche zu nutzen und sei es die kleinsten und schwächsten dafür zu missbrauchen. Im Grunde genommen habe ich mit dem Kauf der Kobra dem Jungen auch keinen Gefallen getan.
So nun aber los. Es war schon fast 18:30 Uhr. Der Tempel schloss gegen 19 Uhr. Die Sonne stand schon weit unter ¾. Es dämmerte schon. Die Fotos aus der Hand wurden nicht mehr so glatt. Wir kamen an eine lichte Stelle. Hier konnte man schön über den Wald schauen und einen Blick auf die Sonne erhaschen. Unser Wasser wurde knapper. Die Anstrengung nahm zu. Der Rucksack wurde immer schwerer. Noch immer nichts zu sehen vom Tempel. Also weiter hoch. Ich schaute nur noch verbissen nach unten. Immer mal ein kleiner Schluck vom Wasser und dann weiter. Nach 20 Minuten sahen wir den Tempel, wie er sich aus den Baumkronen erhob. Die Schritte wurden schneller. Die Last war in Vergessenheit geraten. Ich muss dahin. An einer Mauer vorbei, aus der zwei Würgefeigen Bäume herausragten. Vorbei? Keineswegs. Die Bäume waren hochinteressant. Die nächsten 10 Minuten gehörten ihnen. Inzwischen hatte sich unsere kleine Gruppe aufgelöst. Keiner mehr zu sehen. Ich war alleine. Wo ging es hoch zum Tempel? Keine Wege. Oben standen eine Menge Leute und schauten hinab. Und ich, ich schaute hoch. Anke und Kathrin sah ich an einem kleinen Tempel Selfies schießen. Radzi war verschwunden. Da sah ich ihn, oben auf dem Tempel. Schnellen Schrittes trommelte ich die Gruppe zusammen und wir suchten den Aufstieg.
Das saßen die Parkwächter und schauten auf die Uhr. Es war schon nach 19 Uhr und es dunkelte leicht. Wir flehten sie an uns nach oben zu lassen. Sie lächelten zurück und gaben uns eine halbe Stunde Zeit. Zeit, die wie im Fluge vergehen sollte.
Wolken und Dunst schoben sich vor die Sonne. Es würde also keinen schönen Sonnenuntergang geben. Lieber Gott, lass wenigstens die Farben zur Geltung kommen. Ich sagte das nicht sondern dachte es nur. Aber ich glaube er hat es gehört, denn die Farben waren auf meiner Seite. So schnell auf dem Tempeldach eine Runde gedreht und immer die Sonne im Visier. Ich machte ein paar Detailfotos und schoss einige Aufnahmen vom Tempel selber. Dann versuchte ich ein paar Minuten Ruhe einzulegen, mich zu entschleunigen. Es funktionierte. Beim Entschleunigen trank ich dann das letzte Wasser. Ich dachte, runter zu wird es schon gehen. Ist einfacher als nach oben. Klugscheißer.
Ich glaube mir sind ganz gute Fotos dort oben gelungen. Von unten kam ein Pfiff. Die Wärter erinnerten uns an die Schließzeit. Wir waren mittlerweile 40 Minuten dort oben. Unten gaben wir die Karten ab und verabschiedeten uns. Keiner hatte sich aufgeregt über unserer Vergesslichkeit. Nein. Sie lächelten.
Mittlerweile wurde es dunkel. Die Kamera konnte ich also wieder verstauen im Rucksack. Dadurch wurde das Ding noch schwerer. Man musste aufpassen wohin man trat. Manche Wurzel sah aus wie eine Schlange. Nach gut 25 Minuten waren wir wieder unten. Es ging tatsächlich schneller als hoch, nur klebte mir jetzt die Zunge im Gaumen fest. Unser Driver parkte nicht weit von uns. Hier wurden wir mit kaltem klarem Wasser versorgt. Ich habe noch nie im Leben Wasser so geliebt wie in diesem Moment. Für heute war Schluss. Ich war total kaputt. Mir tat alles weh und am liebsten hätte ich diesen Fotorucksack aus dem Fenster geschmissen.


























